Dasselbe Leid, aber aus der Sichtweise einer Frau: In „Julia“ wird die Geschichte von George Orwells „1984“ aus der Perspektive der weiblichen Hauptfigur erzählt und liefert dir damit neue, interessante Erkenntnisse.

„Julia“ und „1984“ – eine Welt, zwei Perspektiven

Vor etwa 75 Jahren wurde „1984“ von dem britischen Autor George Orwell veröffentlicht. Der Roman war einer der erfolgreichsten des 20. Jahrhunderts und ist bis heute ein Werk, das jeder einmal gelesen haben sollte, denn das Thema ist immer relevant. 

Das weltbekannte Buch erzählt auf 384 Seiten von der Hauptfigur Winston Smith, der in einem totalitären Überwachungsstaat im Jahr 1984 lebt. Obwohl er ein Mitglied der fiktiven Staatspartei „Sozialistische Partei Englands“ in Ozeanien ist, verabscheut er diese und hält sich nicht an alle Regeln des Staates. Er hasst es, dass alle Menschen mit Kameras und Mikrofonen rund um die Uhr überwacht werden. 

Sein Geld verdient er als sogenannter Geschichtsfälscher. Seine Aufgabe ist es, historische Texte so zu ändern, damit diese der Ideologie der Partei entsprechen. Während der Arbeit lernt er die Mechanikerin Julia kennen und die beiden verlieben sich ineinander. Wenngleich Sexualität streng verboten ist, beginnen beide heimlich eine Affäre miteinander, die schon bald Konsequenzen nach sich zieht. 

Der Klassiker und die neue Version: viele Parallelen

Basierend auf dem Klassiker von George Orwell, hat die Amerikanerin Sandra Newman das Buch „Julia“ geschrieben. Die neue Version mit 448 Seiten ist im Oktober 2023 erschienen und ist genau wie „1984“ in die drei Abschnitte „Buch Eins“, „Buch Zwei“ und „Buch Drei“ unterteilt. 

Es gibt viele Parallelen zum Werk von Orwell. Beide erzählen von Gewalt, Folter sowie Unterdrückung und zeigen ein pessimistisches Bild von der Zukunft auf. Die bekannten Sätze „Krieg ist Frieden“, „Freiheit ist Sklaverei“ und „Unwissenheit ist Stärke“ findest du auch in „Julia“. 

Die zwei dystopischen Romane werden von Seite zu Seite düsterer und haben ein hoffnungsloses Ende. Daher sind sie auch keine leichte Kost. Beide werden deinen Kopf länger beschäftigen, denn George Orwells und Sandra Newmans Romane haben dasselbe Ziel: Die angsterregenden Geschichten sollen die Menschen vor der Gefahr des Totalitarismus warnen und aufzeigen, wie wichtig freie Meinungsäußerung sowie eine freie Verwendung der Sprache sind.

Julia und Winston: zwei unterschiedliche Charaktere

Julia
von Sandra Newman

Eine dystopische Welt aus zwei Perspektiven. Die Geschichte wird aus der Sicht der weiblichen Hauptfigur erzählt und bietet neue Erkenntnisse. Bleibt der düsteren Atmosphäre und den warnenden Elementen treu. Eine wertvolle Ergänzung für jedes Bücherregal.

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Aber „Julia“ erzählt wie der Titel schon verrät die Geschichte aus Julias Perspektive und liefert dir eine neue Sichtweise auf die Handlungen, denn Julia und Winston sind völlig verschieden. Beide verabscheuen zwar die Partei und sind sinnliche Menschen, aber während Winston gegen das Oberhaupt „Big Brother“ rebelliert, versucht Julia ihr Leben so zu gestalten, dass ihre Bedürfnisse innerhalb des Überwachungsstaates erfüllt werden. 

Dabei hält sie sich oberflächlich an alle Regeln. Sie täuscht zum Beispiel Begeisterung für das offensichtlich falsche Parteiprogramm vor, lebt aber im Verborgenem ihre Sexualität aus. In „Julia“ werden Nebenschauplätze von „1984“ zu Haupthandlungen. Die Dialoge zwischen Winston und Julia sind identisch mit denen aus dem Original. Aber während Julia in „1984“ eine eher blasse Figur ist, erfährst du in der neuen Version viel über ihre Gedanken.

Weiblicher Blickwinkel auf eine dystopische Welt 

Die Tonalität wird größtenteils übernommen, allerdings verwendet Sandra Newman für Julia eine ziemlich vulgäre Sprache, vor allem wenn es um Sexualität geht. Das Buch lässt außerdem einen feministischen Ansatz erkennen. 

So erzählt die Autorin von sexueller Ausbeutung und den alltäglichen Schwierigkeiten als Frau in einer dystopischen Welt. In einem Artikel der „Washington Post“ wird sogar geschrieben, dass es der Autorin gelingt, eine noch umfassendere Betrachtung der unterschiedlichen Lebensweisen in diesem System zu beschreiben. 

Vielleicht macht es dir Spaß, die beiden Werke miteinander zu vergleichen, aber egal ob du „1984“ bereits gelesen hast oder nicht: „Julia“ ist eine wunderbare Ergänzung in deinem Bücherregal.