Sie ist eine der herausragendsten Autorinnen und Satirikerinnen des Landes und will nun für die Partei Die Partei kandidieren.
Noch dazu befinden wir uns im Beginn der Theatersaison. Wir kommen nicht drum herum, über sie zu sprechen: Sybille Berg.
Sybille Bergs Leben – zu spektakulär, um wahr zu sein?
1952, 1962, 1966 oder doch 1968? Seit Jahrzehnten zerbrechen sich Journalist:innen den Kopf über Sybille Bergs Geburtsjahr. Zurecht, die Kultautorin macht es ihnen nämlich nicht gerade leicht. Gleich mehrmals jongliert sie in Interviews mit verschiedenen Jahreszahlen.
Doch nicht nur bei ihrem Alter lässt sie die Medien gerne im Dunkeln tappen. Auch ein spektakulärer Autounfall im Jahr 1991 oder 1992 gibt ihnen Rätsel auf. Die Mauer ist gefallen. Sybille Berg will nach Hause. Mit einem luxuriösen Sportwagen macht sie sich auf den Weg von Hamburg nach Weimar – in ihre Heimatstadt. Dann passiert es – sie verliert die Kontrolle über den Wagen, überschlägt sich mehrmals. Die Diagnose: klinisch tot.
Zu spektakulär, um wahr zu sein? Die Medien stellen Sybille Bergs Horrorunfall infrage – genau wie den Rest ihrer Lebensgeschichte. „Fast so, als hätte sie es erfunden“, meint die ARD. Doch das klingt keineswegs vorwurfsvoll, sondern bewundernd. Sybille Bergs Biografie ist wie ein fesselnder Roman.
Sybille Berg – Dystopie ist ihre Spezialität
Genauso außergewöhnlich wie ihre Biografie sind Sybille Bergs Werke. Sie hat einen Hang zum Düsteren und Sarkastischen. Dystopien, Sex und brutale Verbrechen sind ihre Lieblingselemente – sowohl in der Literatur als auch im Theater. Nicht umsonst vergleicht man sie gerne mit dem französischen Skandalautoren Michel Houellebecq.
Und der Erfolg gibt Sybille Berg recht. Längst gehört sie zu den bekanntesten Schriftsteller:innen und Theaterautor:innen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In mehr als 34 Sprachen gibt es ihre düster-sarkastischen Romane inzwischen zu lesen. Zugleich darf sich die Autorin mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen rühmen – ob mit dem Wolfgang-Koeppen-Literaturpreis, dem Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor oder dem Schweizer Grand Prix. 2020 erhält sie sogar den Bertolt-Brecht-Preis. So reiht sie sich längst unter die Taktgeber:innen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.
Sybille Bergs Top 3
1. Und sicher ist mit mir die Welt verschwunden
War das schon alles? Genau diese Frage stellt sich die Protagonistin in Sybille Bergs Theaterstück. Das letzte Kapitel ihres Lebens beginnt. Wehmütig blickt sie auf ihre „besten Jahre” zurück – auf Luxusurlaube, gescheiterte Liebesgeschichten, vergeudete Chancen, komplizierte Mutter-Tochter-Beziehungen. Ein Lebensfazit voller Selbstmitleid und narzisstischer Kränkung.
2. Hauptsache weit
Auf Wiedersehen, Schule; willkommen, Leben: Jetzt erst mal weg. Wohin? Egal, „Hauptsache weit”. So verschlägt es „den Jungen” erst einmal nach Asien. Zwischen Strand und Regenwald will sich der Protagonist von Sybille Bergs Kurzgeschichte selbst finden. Doch das Paradies ist gar nicht so paradiesisch wie gedacht. Heimweh, Sprachbarrieren und Einsamkeit rauben ihm seinen Glanz. Bleiben oder gehen – wie wird sich „der Junge” entscheiden?
Eine schonungslos ehrliche Geschichte über das Erwachsenwerden und den Schmerz von Rückschlägen.
3. GRM: Brainfuck
Mindesteinkommen für alle: Das klingt verlockend. Im Gegenzug aber muss man sich einen Chip einpflanzen lassen. So gehen alle persönlichen und gesundheitlichen Daten in Fleisch und Blut über – und lassen sich mühelos vom Staat überwachen. In „GRM: Brainfuck“ ist das die neue Realität. Eine rechtspopulistische Welt tut sich auf, die jedes bisschen Demokratie verschlingt. Ein Glück, dass vier Jugendliche da nicht mitspielen wollen. Don, Karen, Hannah und Peter sind bereit, für ihre Freiheit zu kämpfen.
Eine Dystopie, die unserer Realität gefährlich nahekommt.
Übrigens: Sybille Bergs preisgekrönten Werke hinterlassen nicht nur in Neuauflage Eindruck. Auch gebraucht bringen sie uns zum Nachdenken – und sind auch noch nachhaltig. Denn, wer Second-Hand-Literatur kauft, tut unserem Planeten etwas Gutes.